UN-Vollversammlung gibt den Palästinensern mehr Rechte


 


Weite Teile der Weltgemeinschaft stärken den Palästinensern inmitten des Israel-Hamas-Krieges den Rücken: Sie bekommen bei den Vereinten Nationen nun mehr Rechte. Zudem erhöht die Vollversammlung den Druck auf die USA.





Die UN-Vollversammlung hat sich mit großer Mehrheit für eine Aufnahme der Palästinenser in die Vereinten Nationen ausgesprochen. 143 Staaten stimmten für eine Resolution, nach der die Palästinenser in die UN aufgenommen werden sollten und ihnen einige zusätzliche Rechte neben ihrem bisherigen Beobachterstatus gewährt werden. Das Ergebnis hat keine direkten Auswirkungen auf den Mitgliedsstatus der Palästinenser, da die USA im UN-Sicherheitsrat stets eine Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen mit ihrem Veto blockieren. Zuletzt taten sie das Mitte April. Die Resolution soll in Kraft treten, wenn die UN-Generalversammlung im September ihre 79. Sitzung abhält.

Mit Ja stimmten unter anderem China und Russland, genauso wie der Iran, alle arabischen Staaten sowie die meisten Länder Afrikas und Südamerikas. Neun Staaten votierten gegen die Beschlussvorlage: Neben den USA und Israel waren dies Ungarn, Tschechien, Argentinien, Palau, Nauru, Mikronesien und Papua-Neuguinea. Europa zeigte sich gespalten: Eine Reihe Staaten wie Frankreich, Spanien und Portugal stimmten dem Antrag zu - Ungarn und Tschechien stimmten dagegen. 25 Länder enthielten sich, darunter Deutschland, Großbritannien, Italien, Österreich, die Ukraine und Kanada.

Die Palästinensische Autonomiebehörde begrüßte das Abstimmungsergebnis. Dieses bekräftige, dass "Palästina alle in der Charta der Vereinten Nationen festgelegten Anforderungen erfüllt". Daher verdiene man "die Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen". Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur sagte mit Blick auf die Blockade der USA im UN-Sicherheitsrat: "Ohne Zweifel wird der Tag kommen, an dem Palästina seinen rechtmäßigen Platz in der Gemeinschaft der freien Nationen einnehmen wird."


Harte Kritik aus Israel

Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan warf der Versammlung vor, "die Errichtung eines palästinensischen Terrorstaates" voranzutreiben. "Sie haben die Vereinten Nationen für moderne Nazis und völkermörderische Dschihadisten geöffnet, die sich für die Errichtung eines islamischen Staates in ganz Israel, in der Region einsetzen und jeden jüdischen Mann, jede jüdische Frau und jedes jüdische Kind ermorden. Es macht mich krank." Erdan schredderte vor dem Rednerpult in einem symbolischen Akt Zettel, auf denen "Charta der Vereinten Nationen" stand.


Der israelische Außenminister Israel Katz nannte den Beschluss eine "willkürliche, absurde und inkohärente Entscheidung". Er erklärte im Onlinedienst X, dass das Votum die Botschaft an die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas sende, dass sich "Gewalt auszahlt". Es "belohnt die Mörder und Vergewaltiger der Hamas, und untergräbt Bemühungen um die Freilassung von Geiseln". Die USA, die EU, Deutschland und andere Länder stufen die Hamas als Terrororganisation ein.




Aufruf an den Sicherheitsrat

Die von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingebrachte Resolution stellt fest, "dass der Staat Palästina die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfüllt" und "daher in die Organisation aufgenommen werden sollte". Der Sicherheitsrat wird daher aufgefordert, "die Angelegenheit nochmals wohlwollend zu überprüfen". Dies könne eine Art "diplomatische Endlosschleife" schaffen, "in der die Versammlung wiederholt den Rat auffordert, Palästina die Mitgliedschaft zu gewähren, und die USA ihr Veto einlegen", sagte Politikexperte Richard Gowan von der Organisation International Crisis Group.


Das beschlossene Dokument schließt explizit aus, dass die Palästinenser als nichtständiges Mitglied in den Sicherheitsrat gewählt oder in der UN-Vollversammlung Stimmrecht genießen sollen. Aber es gibt ihnen die Möglichkeit, Vorschläge und Änderungsanträge direkt einzureichen - ohne wie bisher den Umweg über ein anderes Land gehen zu müssen. Auch haben sie das Recht, unter den nach dem Alphabet geordneten Mitgliedsländern zu sitzen.


USA wollen erst die Zweistaatenlösung

 Die Regierung von US-Präsident Joe Biden tritt zwar für eine Zweistaatenlösung zur Beilegung des Nahost-Konflikts ein, also einen unabhängigen Palästinenserstaat, der friedlich mit Israel koexistiert. Doch den Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft lehnt Washington mit dem Argument ab, dass die Vereinten Nationen nicht der richtige Ort für eine Anerkennung eines palästinensischen Staates sei - dieser solle vielmehr aus einem Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern hervorgehen. Der stellvertretende US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, bezeichnete die Resolution als einen "unproduktiven Text".

Der UN-Botschafter der USA, Robert Wood
Der UN-Botschafter der USA, Robert Wood (Archivbild)



Bild: Yuki Iwamura/AP/picture alliance

Vor dem Hintergrund des Israel-Hamas-Krieges wurde die Abstimmung auch als internationales Stimmungsbild zu den jüngsten Eskalationen im Nahostkonflikt gesehen. Bei den Vereinten Nationen gibt es eine deutliche Mehrheit für israelkritische oder propalästinensische Beschlüsse. Ein Vetorecht existiert in der Vollversammlung nicht.

Damit ein neuer Staat in die Vereinten Nationen aufgenommen wird, muss zunächst der aus 15 Mitgliedern bestehende Sicherheitsrat zustimmen. Anschließend muss der Antrag von der aus allen 193 UN-Mitgliedstaaten bestehenden Vollversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen werden.

Deutschland unterhält nur diplomatische Beziehungen




Eine Mehrheit der 193 UN-Mitgliedstaaten erkennt einseitig einen Palästinenserstaat an, nach Angaben der palästinensischen Autonomiebehörde sind es 137. Deutschland erkennt einen Palästinenser-Staat nicht an, pflegt aber diplomatische Beziehungen zu den Palästinensergebieten. Der stellvertretende deutsche Botschafter Thomas Zahneisen betonte in New York das Engagement Deutschlands für einen palästinensischen Staat. Dieser könne aber nur im Rahmen einer Zweistaatenlösung nach direkten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern entstehen.

Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell planen Spanien, Irland und Slowenien am 21. Mai ebenfalls die symbolische einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaats.

kle/jj/AL (afp, dpa)  


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